1.3.2021
News … Startseite News Vom Verblassen der Signatur Vom Verblassen der Signatur 01.03.2021 News Elisabeth Gutjahr © Andrew Phelps Mit Anfang März beginnt das dritte Semester im Zeichen des Virus, noch immer sind Universitäten „bis auf Weiteres“ in Distanzlehre. Am Rande des Blickfelds ringen Kunstuniversitäten um die Aufrechterhaltung des Studienbetriebs: Zwar findet vieles unter strengen Sicherheitsvorkehrungen in Präsenzlehre statt, doch es fehlt die Öffentlichkeit, die für die Verwirklichung von Kunst essenziell ist. Kunst entsteht im Auge des Betrachters. Mit seinem provokativen 4’33“ machte der amerikanische Komponist John Cage schon in den 1950er-Jahren deutlich: Erst das Hören macht das Hörbare zur Musik. Sehen und Hören, Begreifen und Wertschätzen sind als zivilisatorische Errungenschaften zu verstehen. Der Komponist Jean Sibelius bringt es auf den Punkt: „Kunst ist die Signatur der Zivilisation.“ Der Umkehrschluss liegt nah: In Zeiten von Covid-19 verblasst diese Signatur, verliert die Zivilisation an Kontur. Und vielleicht erwachen wir nach einer langen Daseinsfristung als Bildschirmexistenzen in der „unendlichen Geschichte“ von Michael Ende: im Verblassen der Zivilisation und ihrer Imaginationskraft. Umso ermutigender sind die unzähligen Initiativen und Aktivitäten von Kunstschaffenden gegen das Verstummen und Verschwinden. Unterstützung finden sie in den Medien, der vierten Gewalt im Staat, die die dringend benötigte Wahrnehmung bestmöglich feiert und damit der verordnungsgemäßen Ausblendung der Kunst das Überleben anbietet. Denkmal! Auch unsere Sprache steckt voller Bilder und lässt aufhorchen, sie gibt Aufschluss über kurzfristiges Denken in Krisensituationen und das dahinterliegende Mindset. Die „Systemrelevanz“ etwa wirft gleich mehrere Fragen auf: Was meint „System“, ein Begriff, den man sonst eher in totalitären Staaten verortet, in diesem Zusammenhang? Und für den Fall, dass „System“ hier für Gesellschaft oder Gesundheit steht, was signalisiert uns der Ausschluss von Bildung und Kultur aus der „Systemrelevanz“? Dass Negativtests als positiv zu betrachten sind, wird wohl eher nicht in das Bildungssystem übernommen, und die Anglizismen Distance Learning, Homeschooling oder Homeoffice lassen sich nur mühsam ins Deutsche übersetzen: Heimarbeit klingt verstaubt, Dis- tanzlehre oder Distanzmodus stehen der Verinnerlichung oder Aneignung von Lerninhalten sprachlich entgegen. Wir halten uns auf Distanz und zoomen uns in die Privatsphären hinein. Doch wie viel Nähe vertragen wir und wie viel Abstand brauchen wir? Zwischen Vereinsamung und Bloßstellung steht ein netter Babyelefant als Pokémon-Figur. Wirklich? Schutzbedürftigkeit muss dringend neu ausgeleuchtet werden, denn es geht hier um die seelische Gesundheit unserer Gesellschaft und damit um ihre Zukunftsfähigkeit. Im künstlerischen Prozess des Hörbarmachens von Zwischentönen und Stille, des Sichtbarmachens von Zwischenräumen und Leere, des Begehens von Gegenwelten und Abfragens von Gegenalgorithmen kann eine Rückeroberung von Welt stattfinden, die im Lärm des Krisenmodus ausgeblendet wurde. Wenn Goethe die Kunst als Vermittlerin des Unaussprechlichen hochhält, meint er genau das. Künstlerisches Schaffen, Kreativität, Kultur erweitern unsere Lebenswirklichkeiten und damit auch die Möglichkeit von Vielfalt in Gemeinschaften. Zudem bemerkenswert: Eine kürzlich veröffentlichte Studie zur Kultur- und Kreativwirtschaft vor und nach Covid-19, die von Ernst & Young in enger Zusammenarbeit mit der GESAC, einem Zusammenschluss von 32 europäischen Verwertungsgesellschaften, unter dem Titel „Rebuilding Europe“ veröffentlicht wurde, zeigt das wirtschaftliche Schwergewicht dieses Bereichs und das hohe Wachstumspotenzial, das in den Jahren 2013 bis 2019 sichtbar wurde. Mit einer Handelsbilanz von 8,6 Milliarden Euro (2019) und 7,6 Millionen Jobs ist bzw. war die K&K-Wirtschaft ein bedeutender Sektor. 2020 ist der Umsatz um geschätzt 31 Prozent eingebrochen, Theater (–90 Prozent) und Musik (–76 Prozent) sind weitaus am stärksten betroffen. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Krise massive und anhaltende Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette der Kultur- und Kreativwirtschaft haben wird, und präsentiert einen Dreistufenplan, um die Herausforderung des „Rebuilding Europe“ zu meistern. Der Wiederaufbau dieses Bereichs bedeutet auch den Wiederaufbau unserer Zivilisation als normative Kraft unseres Selbstverständnisses. Die jetzige Generation an Studierenden muss an diesem Aufbau mitwirken, als Universität sollten wir ihr den Rücken stärken. „Art is what you can get away with.“ – Andy Warhol (Ersterschienen in den Uni-Nachrichten / Salzburger Nachrichten am 1. März 2021) Mehr News Spiegelungen – Komponistinnen und ihre Erben im Klang der Gegenwart 31.10.2025 Spiegelungen – Komponistinnen und ihre Erben im Klang der Gegenwart „Spiegelungen“ ist ein weiteres Projekt, das einen Gleichstellungsansatz in der Entwicklung und Erschließung der Künste verfolgt: posthum vergessene sowie hierzulande überhörte, selten oder noch nie gehörte Werke von Komponistinnen früherer Jahrhunderte werden in den vielfältigen Musiksprachen heutiger Musikschaffender gespiegelt. Medieninformation AEC-Jahreskongress: Impulse zur Zukunft der Musik(aus)bildung 31.10.2025 AEC-Jahreskongress: Impulse zur Zukunft der Musik(aus)bildung Von 5.–8. November 2025 ist die Association Européenne des Conservatoires et Musikhochschulen (AEC) erstmals zu Gast an der Universität Mozarteum Salzburg und bietet im Rahmen ihres Jahreskongresses zum Thema "The Sound of Future Music Education" renommierten Expert*innen und Musikinstitutionen eine Plattform, um mit rund 450 Teilnehmer*innenüber die zukünftige Ausrichtung der Musik(aus)bildung zu reflektieren. Medieninformation Schauspieljahrgang 1984-1988 29.10.2025 Schauspieljahrgang 1984-1988 Elisabeth Kopp, Hella-Birgit Mascus, Sibylla Meckel, Daniela Oberhammer, Chun Mei Tan, Ruth Rieser, Kaspar von Erffa, Heino Ferch, Christian Gaul, Peter Weiß, Olaf Baumann and Renatus Scheibe: this was the acting class of 1984–1988 at the Mozarteum. Ten of the twelve alumni recently met at Café Bazar in Salzburg and gave their alma mater an insight into their studies and careers. Alumnae & Alumni Stories Echoes of Osaka - Designing Voices in Salzburg 27.10.2025 Echoes of Osaka - Designing Voices in Salzburg Die Association Européenne des Conservatoires, Académies de Musique et Musikhochschulen (AEC) ist eine überregionale Organisation mit dem Ziel, europaweit Musikhochschulen miteinander zu vernetzen und den internationalen Standard der Ausbildung gemeinsam hochzuhalten. Zwischen dem 5. und 8. November 2025 hält die AEC einen Kongress an der Universität Mozarteum Salzburg ab, der sich Themen wie Leadership, Resilienz, Professional Skills und Health Care innerhalb der universitären Musikausbildung widmet. Interview Mehr News