"Welch hohe Sprengkraft dem Begriff „frei“ und seinem Substantiv „Freiheit“ zukommen, erleben wir zu Beginn des Jahres 2022 in schmerzlich berührender Vielfalt. Seit März 2020 haben wir durch pandemiebedingte Sicherheitsmaßnahmen die uns so selbstverständlich gewordenen Freiheitsgrade des modernen Europa als gefährdet erlebt. Es wurde uns bewusst, dass Grenzen auch wieder geschlossen werden und „neue Normalitäten“ einen Kulturwandel erzwingen können. Schaffens- und Arbeitskraft wurden in Systemrelevanz und nach Gefährdungsgrad eingestuft, Bühnen und Konzertsäle blieben über Monate hinweg geschlossen. Im Februar dieses Jahres beginnt ein internationaler Krieg in Europa. Für ein ganzes Land geht es nun um die Freiheit der Selbstbestimmung und Souveränität, es geht um die eigene Kultur und um Identität.
Letztere Bedingung und Ausdruck von Freiheit. Das diesjährige Thema des Mozart:Forums erscheint aktueller als erhofft und bietet eine großartige Möglichkeit, sich quer durch die Geschichte mit Freiheit und Schöpfertum, Souveränität und Unternehmergeist zu befassen. Nachlauschend einer längst vergangenen Klassik und vorausschauend in eine ungewisse Zukunft mag das Publikum den Grundwerten unserer Kultur und unseres Selbstverständnisses begegnen. Das Jahresprogramm wirft ein besonderes Licht auf die Modernität des freischaffenden Künstlers Wolfang A. Mozart und sein Werk. Ein herzliches Dankeschön an das Mozartforum für dieses spannende Bouquet, das erneut Aktivitäten aus vielen verschiedenen Fachbereichen der Universität Mozarteum zusammenführt. All den großartigen Veranstaltungen wünsche ich ein zahlreiches und vor allem begeisterungsfähiges Publikum."
- Rektorin Elisabeth Gutjahr zum Jahresthema des Mozart:Forum 2022
"Im Jahr 2022 fokussiert das Mozart:Forum der Universität Mozarteum Salzburg die „freischaffenden“ Tätigkeiten Mozarts im Wien der 1780er-Jahre und will damit gleichzeitig eine Brücke zur Gegenwart schlagen, Reflexion der letzten zwei Jahre sein: Ist Kunst systemrelevant? Wie ist es im Speziellen den freischaffenden Künstler*innen in der Zeit der Pandemie ergangen? Bereiten wir als Universität unsere Studierenden auf freischaffende Tätigkeit in Kunst und Wissenschaft adäquat vor? Sind wir als Universität eigentlich frei?
Wien im Jahr 1781, josephinische Reformen: Toleranz- und Judenpatent gewähren Angehörigen aller Konfessionen gleiche Bürgerrechte, die Aufhebung der Leibeigenschaft, neue Pensionsregelungen, ein neues Bildungssystem, die Entschärfung der Zensur (von 5.000 auf 900 Bücher). In diese radikalisiert beschleunigte, vom Staat angeordnete Aufklärung mit ihrer enormen Aufbruchsstimmung trat Mozart im Jahre 1781 als begeisterter Anhänger dieses Gedankengutes ein. Trotz stetigen Bemühungen um eine feste Anstellung war Mozart gezwungen, freischaffend tätig zu sein und schuf höchst erfolgreich ein ganzes Netzwerk an Aktivitäten: Akademien, Unterrichten, freie Opernaufträge, Zusammenarbeit mit dem Verlagswesen etc. Sein Umfeld riet ihm sogar zu dieser Existenzform: „die ganze Noblesse redet mir zu ich soll mich ja nicht mehr (vor?) führen lassen“. Ein Höhepunkt des Jahres (am 9. November) wird sicherlich die orginalgetreue Aufführung von Mozarts Akademiekonzert vom 23. März 1783 sein, in der die Universität Mozarteum Salzburg in einem mehrstündigen Mozart-Marathon ihre ganze Kompetenz und Vielfalt erlebbar machen wird. Ohne Anspruch auf eine vollständige Analyse, will dieses Programm und Publikation Denkanstöße zum Thema „frei.schaffend“ geben, nachsinnen über den vielerorts leider nicht selbstverständlichen Begriff der Freiheit in der Kunst und der Kunstausübung, verschiedene Zugänge bieten, auch die Vielfalt unserer Universität im Ansatz hierzu zeigen."
- Gernoth Sahler, Leitender Koordinator des Mozart:Forums 2022