David Steffens - Bass

01.08.2019
Alumni Story
David Steffens | © Matthias Baus

Der Weg zum Opernsänger: Der Bass David Steffens wurde 2011 zum Abschluss seines Gesangsstudiums an der Universität Mozarteum mit der Lilli-Lehmann-Medaille der Internationalen Stiftung Mozarteum ausgezeichnet. 2010 debütierte er am Salzburger Landestheater, 2018 bei den Salzburger Festspielen. Er erzählt über die Liebe zu seinem Beruf und die Anfänge einer Künstlerkarriere.

David Steffens:
Bass

Deutschland

 

Sie waren in diesem Sommer in drei Produktionen der Salzburger Festspiele zu hören. Wie hat es sich angefühlt, ein „Festspiel-Künstler“ zu sein?

Wenn man an der Universität Mozarteum Salzburg studiert, ist es natürlich der große Traum, einmal auf die andere Seite der Salzach zu wechseln. Nach dem Young Singers Project 2012 wurde ich letztes Jahr das erste Mal von den Salzburger Festspielen eingeladen, die Partie des Fünften Juden in der Strauss-Oper „Salome“ zu übernehmen. Das hat offensichtlich gefallen und ich durfte heuer bei George Enescus „Œdipe“, bei der Wiederaufnahme der „Salome“ und kurzfristig auch noch bei Mozarts „Idomeneo“ mitwirken.

War diese Kurzfristigkeit stressig?

Nun ja, ich habe ungefähr eine Stunde vor dem Auftritt erfahren, dass ich singen darf und zehn Minuten davor die Noten bekommen. Natürlich ist da Stress dabei. Aber das Adrenalin ist in einem solchen Moment hoch und es war sehr schön. Vor allem war es toll, den musikalischen Leiter Teodor Currentzis auf diesem Wege kennenzulernen.

Seit der Saison 2015/16 sind Sie Mitglied des Ensembles an der Staatsoper Stuttgart. Die ersten Eindrücke?

Ich hatte in Stuttgart das Glück, dass die Sänger kontinuierlich aufgebaut werden. Ich habe mit relativ überschaubaren Partien begonnen und wurde nach der Premieren-Saison mit dem „Figaro“ für eine erste Hauptrolle angefragt. Man kann an einem großen Theater wie Stuttgart neue Rollen lernen und hat perfekte Arbeitsbedingungen, ein wunderbares Orchester und einen großen Chor. Dennoch ist man als Ensemblesänger geschützt und kann auch Dinge ausprobieren.

Und wie war der Weg dorthin?

Nach meinem Abschluss am Mozarteum ging ich zuerst ans Opernstudio Zürich, um danach für zwei schöne Jahre ans Stadttheater Klagenfurt am Wörthersee zu wechseln. Auch dort hatte ich das Glück, als junger Sänger nicht „verbraten“ zu werden. Oft müssen Nachwuchssänger große Partien bewältigen, denen sie noch nicht gewachsen sind, aber ich hatte in Klagefurt genügend Zeit, mich in Ruhe zu entwickeln. Man muss sich in den ersten Jahren zunächst einmal selbst kennenlernen, um zu merken, wo die Stimme hintendiert, was die Stimme kann und in welchem Repertoire man sich wohlfühlt. Natürlich möchte man von Anfang an möglichst viel arbeiten und universell einsetzbar sein, aber man muss auch seine Stärken kennen – und die lassen sich oft erst auf der Bühne herausfinden.

Haben Sie Ihre Karriere selbst geplant und organisiert, oder benötigt man eine Agentur?

Ich habe bereits während des Studiums an mehreren Vorsingen teilgenommen und bin durch die halbe Republik bis Norddeutschland gefahren, ohne dass es gleich funktioniert hätte. Das kann eine ziemlich frustrierende Zeit sein und man fragt sich: Ist es wirklich das Richtige, was ich da mache? Aber zum Glück hat mich eine kleine Agentur schon bei den Uni-Produktionen am Mozarteum gehört. In der Regel läuft es dann so, dass dich ein Agent bei zehn, zwanzig Häusern vorschlägt und man von einigen zum Vorsingen eingeladen wird. Komplett ohne jemanden im Hintergrund ist es wahnsinnig schwierig, an die großen und auch kleinen Theater zu kommen – die haben hunderte Blindbewerbungen auf dem Tisch.

Was würden Sie jungen Absolvent*innen konkret raten?

Ich glaube, heutzutage ist der Einstieg am ehesten über ein Opernstudio an einem guten Theater zu schaffen. Dort hat man die Möglichkeit, Agenturen vorzusingen, Dirigenten kennenzulernen und sich ein Netzwerk aufzubauen. Man muss auch einfach den Mut haben, sich möglichst vielen Menschen vorzustellen, Leute anzuschreiben und anzusprechen. Was soll schon Schlimmeres passieren, als dass man keine Antwort bekommt? Umgekehrt ist eine Einladung zum Vorsingen schon der erste Schritt. Und oft erinnert sich nach fünf, sechs Jahren doch jemand an einen.

In Ihrer Heimat Deutschland gibt es mit der ZAV-Künstlervermittlung der Bundesagentur für Arbeit sogar Unterstützung durch eine öffentliche Stelle…

Ja, die ZAV hat mir sehr geholfen. Die kam damals auch regelmäßig zum Vorsingen an der Universität Mozarteum und hat mir das erste Engagement in Klagenfurt vermittelt. Der Vorteil ist, man muss erst einmal keine Agentur-Provisionen zahlen. Das ist essenziell, weil die Gagen zu Beginn niedrig sind.

Wie haben Sie sich eigentlich auf solche Auditions vorbereitet?

Für das Vorsingen sollte man sich ein fixes Repertoire mit gängigen Arien zulegen, keine exotischen und neuen Arien. Man weiß zwar, dass man mehr kann, muss aber auch Vergleichbarkeit herstellen. Wichtig ist, dass man sich in den Rollen wohlfühlt.

Wie fit fühlten Sie sich durch das Mozarteum-Studium für den „Arbeitsmarkt“?

Meine Lehrer Horiana Brănișteanu und Wolfgang Holzmair haben mich gut vorbereitet, mir innerliche Stärke vermittelt sowie den Umgang mit Kritik. Für mich war es eine sehr gute Zeit an der Universität Mozarteum. Man konnte mit tollen Pianisten arbeiten und richtige Orchesterproben machen. Auch den Stress einer Opernproduktion mitzubekommen, war sehr hilfreich. Das kam mir im Opernstudio in Zürich zugute – an 70 Abenden mit kleinen Partien und chronisch zu wenig Zeit zum Proben. Ich hatte dadurch schon einen Startvorteil gegenüber anderen.

Und auf welchem Gebiet hätte es im Studium etwas mehr sein dürfen?

Man sollte immer auch den Blick „nach draußen“ im Hinterkopf haben. Ich bin der Letzte, der sagen würde, dass man die Ausbildung am Markt ausrichten soll, weil wir uns an der Uni erst einmal auf die Technik und auf das persönliche Profil konzentrieren müssen. Erst dann kann man sich vermarkten. Aber es wäre hilfreich, ein wenig mehr in Richtung Kontakte und Agenturen zu machen. So könnte man den ersten Schritt etwas erleichtern.

Wie haben Sie als Sänger den Arbeitsmarkt bisher erlebt?

Der deutschsprachige Markt ist für Sänger weltweit mit am interessantesten. Das liegt daran, dass wir noch die großen Ensembles haben. Aber es ist auch ein wahnsinnig enger Markt. Man misst sich nicht nur mit ehemaligen Kommilitonen, sondern es kommen von überall her wahnsinnig gut ausgebildete Kollegen, die für die gleiche Stelle vorsingen: aus den USA, aus Russland sowie ganz Osteuropa, aus China, Korea und Japan – alle sind da und wollen hier auf diesen kleinen Markt. Wir haben zwar ein paar hundert Bühnen in Deutschland, aber verglichen mit dem Angebot an Sängern ist es doch sehr wenig Platz. Wobei ich als Bass noch das Glück habe, dass man nicht ganz so der Konkurrenz ausgesetzt ist wie ein Sopran oder ein lyrischer Bariton. Da gibt es zehnmal so viele, die sich für eine Stelle bewerben.

Was ist dennoch das Tolle an Ihrem Beruf?

Zuerst war es die totale Liebe zur Musik. Vom Klavier kommend, konnte ich als Heranwachsender alles über die Musik transportieren. Wunderbar ist natürlich auch der Zuspruch, den man von anderen bekommt. Als Jugendlicher merkt man, dass man etwas kann, das andere nicht können. Man realisiert das Talent. Beim Universitätsstudium wird aber recht schnell klar, dass es nicht nur Talent ist, das einen vorwärtsbringt. Man muss die große Freude auch bündeln und Dinge lernen, die vielleicht im Augenblick nicht so viel Spaß machen – wie in jedem Beruf.

www.davidsteffens.com

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