Birgit Marianne Ecker - Sängerin & Gesangspädagogin

01.01.2021
Alumni Story
Birgit Marianne Ecker | © Privat

Online-Voice-Coaching: Neue digitale Wege der Gesangsausbildung

Birgit Marianne Ecker:
Sängerin & Gesangspädagogin

Österreich

 

Wie sieht der berufliche Alltag einer Sängerin und Gesangspädagogin aus und was hat sich im letzten Jahr verändert?

Vor Corona unterrichtete ich Gesang und Gruppenstimmbildung an einer Musikschule. Meine beiden Söhne gingen noch in den Kindergarten und ich war selbst als Sängerin tätig, konzertant und im Bereich der Kirchenmusik. Das liegt im Augenblick natürlich brach. Wenn ich mich an den vergangen März erinnere, wo wir zu Beginn des Monats ein großes Konzert gegeben haben und plötzlich hieß es, ab nun nur mehr 100 Konzertbesucher, so erscheint das heute wie aus einer anderen Welt! Ich habe dann begonnen erstmals online zu unterrichten. Wir wurden quasi „ins kalte Wasser geschubst“. Ich wusste noch nicht wie das funktioniert, ob der „Funke“ auch online überspringt. Ich bin ein sehr empathischer Mensch, was ein großer Vorteil beim Unterrichten ist, da ich mich gut auf meine Student*innen und Schüler*innen einstellen kann. Blockaden, Ängste oder technische Schwierigkeiten können rasch erkannt und durch eine Kombination von stimmtechnischem Wissen, Intuition und Musikalität behoben werden. Es hat tatsächlich auch online funktioniert. Möglicherweise auch deshalb, weil ich mit jungen Erwachsenen gearbeitet habe. Bei Kindern kann es schwieriger sein, die Aufmerksamkeit zu halten. Die Rückmeldungen meiner Schüler*innen waren auch sehr positiv, da es wirklich gut funktioniert hat.

Welche Altersgruppe unterrichten Sie an Musikschulen?

Meist ab der Oberstufe bis hin zu Erwachsenen jeden Alters.

Sie haben aus dieser Situation heraus das „Online- Coaching- Projekt: fulfilled and successful as female, sensitive, classical singer“ gestartet, richtig?

Ja, der Prozess ist noch im Gange. Ich habe mir zunächst Hilfe gesucht und einen Onlinekurs besucht, um zu lernen, wie man so etwas professionell machen kann. Ich habe eine Facebook-Gruppe eröffnet und bereits erste „Kundinnen“ für Gesangsunterricht bzw. für das Mentoring-Programm gewonnen. Ich konzentriere mich nun auf sehr sensible klassische Sängerinnen im internationalen Bereich.

Das bedeutet, es fand ein Digitalisierungsprozess in der Gesangspädagogik statt, der so zwar nicht geplant war, sich aber durch die Situation entwickelt hat. Man lernt als Pädagogin selbst dazu und schafft gleichzeitig ein neues Angebot, richtig?

Ja, ich fand es auch sehr schön, dass sich neue Wege aufgetan haben, die ich mir vor einem Jahr noch nicht vorstellen konnte. Ich habe in diesem Digitalisierungsprozess auch viel dazu gelernt. Zudem macht mir das internationale Arbeiten, das ich selbst als Studentin in Masterklassen erlebt habe, viel Freude. Ich habe nun auch internationale Schülerinnen aus der Schweiz, Deutschland, Norwegen, Johannesburg, … und das, ohne zu reisen und mit zwei kleinen Kindern, von dem eines bereits schulpflichtig ist und mit dem ich nun zuhause lernen muss!

Wer sind die Zielgruppen in Ihrem „Online-Coaching-Projekt“? Wie gestalten sich hier die Altersgruppen?

Es sind beispielsweise Frauen, die teilweise schon Gesangsausbildungen haben, diese aber unterbrechen mussten, junge Frauen, die vor ihrem Abschluss des Gesangsstudiums stehen oder die Aufnahmeprüfungen machen möchten, Frauen mit Hochsensibilität, Studierende mit speziellen Problemen, aber auch ältere Frauen, die gerne singen. Viele möchten sich jetzt wieder fit machen, oder bleiben, für die Zeit nach Corona. Manche nutzten das Coaching für die Professionalisierung ihres deutschen Gesangsrepertoires. Frauen mit Hochsensibilität können lernen, diese Eigenschaft für sich als Stärke auf der Bühne zu nutzen. Die Bandbreite ist groß. Die Methoden habe ich mir selbst angeeignet, um die Bühnenpräsenz zu verbessern. Fachlich bin ich im deutschen Kunstlied und ihren Interpretationsmöglichkeiten, dem deutschen Opernrepertoire, der deutschen Operette und in der Kirchenmusik beheimatet. Das Coaching, in deutscher oder englischer Sprache, kann eine Vorbereitung für eine Aufnahmeprüfung sein, ein Konzert oder eine Audition unterstützen oder Sängerinnen helfen, die oftmals schon jahrelang von bestimmten stimmtechnischen oder mentalen Problemen betroffen sind oder endlich einfaches Lampenfieber überwinden möchten. Auch das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Künstlerin kann Thema sein.

Derzeit können aufgrund von Corona keine Masterklassen in Europa besucht werden. Dies ist ein häufiger Grund für Online-Weiterbildung. Der Traum, in Europa Gesang zu studieren, ist gerade sehr schwierig zu verwirklichen.

Wie kann man sich Gesangs-Onlineunterricht bzw. „Voice-Coaching“ vorstellen? Sie bieten Mentoring, Masterklassen und Coaching für Sängerinnen…

Es beginnt mit einem Anfangsgespräch bzw. einer kurzen, kostenlosen „Voice Potential Analysis“, um festzustellen, ob eine Zusammenarbeit zielführend ist. Danach biete ich verschiedene Pakete an. Das reicht von kurzfristiger Optimierung eines in wenigen Wochen geplanten Auftritts über regelmäßige Betreuung über mehrere Monate und umfassenden, tiefer gehenden Unterricht, bis hin zu Masterklassen, in denen beispielsweise fünf Schülerinnen in der Gruppe betreut werden. So kann man auch in die Themen hinein schnuppern, von Kolleginnen lernen und es ist günstiger als Einzelunterricht bzw. Einzel-Voice-Coaching. Das Besondere ist, dass die Studentinnen nicht nur einmal wöchentlich betreut werden, sondern auch während der Woche Support und Feedback erhalten, sodass sie wirklich ihr volles Stimmpotential entfalten. Erst kürzlich habe ich mich mit einer meiner Schülerinnen wahnsinnig gefreut, da sie die Aufnahmeprüfung für das Pre-College an der Universität Mozarteum geschafft hat. Und dies, obwohl wir seit März nur online arbeiten konnten.

Damit schließt sich ein Kreis. Sie, als Mozarteums-Absolventin, bereiten junge Nachwuchs-sängerinnen für die Aufnahme an die Universität Mozarteum vor. Das ist ein sehr schöner Kreislauf!

Für mich selbst war es ein Traum, an die Universität zu gelangen und eine Gesangsausbildung machen zu dürfen. Der innere Drang zu singen war schon sehr früh vorhanden. Ich konnte gar nicht anders. Ich habe mit Schulmusik an der Universität begonnen und später auch Instrumental- und Gesangspädagogik studiert. Es war nicht immer einfach und auch ich musste wachsen. Ich habe im Laufe meiner Ausbildung bemerkt, dass ich sehr gut auf andere eingehen kann, sowohl auf das Publikum als auch auf Musikpartner*innen. Ich kann andere mitnehmen und mein Wissen erfolgreich weitergeben. So habe ich meine Stärken nach und nach kennen gelernt und erfahren, dass es mich sehr glücklich macht, Musikkompetenz erfolgreich zu vermitteln sowie Stimmen und Persönlichkeiten zu Größe zu verhelfen.

Gibt es besondere Tipps und Tricks aus Ihrer Erfahrung, die Sie den jungen Künstler*innen mitgeben können?

Nun ja, wenn man den inneren Wunsch, oder sogar Drang hat, als Künstler*in zu arbeiten, darf man sich nicht entmutigen lassen. Diese Zeiten, in denen die Kunst so stark eingeschränkt wird, stimmen natürlich nicht besonders zuversichtlich. Aber wie auch ich erfahren habe, tun sich oftmals neue Wege auf, die man sich zuvor nicht vorstellen konnte. Erfolg ist nicht nur ein Auftritt an der „Mailänder Scala“. Alle müssen ihren eigenen Weg finden und dem folgen, was sie gerne und mit Freude tun! Oftmals bekommt man zu hören, die Stimme sei zu klein, man habe zu wenig „Ellbogentechnik“, um in diesem harten Business bestehen zu können. Man darf es sich auch nicht zu Herzen nehmen, wenn man Aufnahmeprüfungen oder Auditions nicht besteht. Das ist keine persönliche Schwäche. Man darf nur nicht aufgeben. Ich kenne eine erfolgreiche Schauspielerin, die acht Mal zur Aufnahmeprüfung angetreten ist. Es gibt zahlreiche ähnliche Beispiele. Ich meine damit nicht, dass man Scheuklappen aufsetzen soll und gar keine Ratschläge von anderen annehmen soll, aber man darf sich auch nicht entmutigen lassen, wenn es nicht gleich klappt. Man braucht Ausdauer und man kann vermeintliche Schwächen in Stärken verwandeln.

Hat in Ihrer Ausbildung etwas gefehlt, das Sie heute als wichtig erachten?

Zu meiner Studienzeit waren Kurse zur künstlerischen Selbstvermarktung gerade am Beginn. Was ich mir jedoch selbst noch angeeignet habe, waren szenische Fähigkeiten. Diese braucht man als Pädagoge/Pädagogin auch für den Unterricht. Ebenso wichtig sind Angebote für mentale Stärke und Resilienz.

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