2 Jahre Zeichnen & Reflektieren - DISPOSITION AKT

Während die künstlerische Ausbildung im 20. Jahrhundert radikal neu gedacht wurde, ist das Aktzeichnen als Lehrformat seit dem 19. Jahrhundert nicht grundlegend reformiert worden. Als fester Bestandteil des Lehrprogramms an zeitgenössischen Kunsthochschulen wird es weitgehend in seiner historischen Form oder in enger Anlehnung daran fortgeführt und geschätzt.
Der Situationsaufbau, bei dem mehrere Zeichnende ähnlich wie in einem anatomischen Theater einen einzelnen Körper umringen, gilt als selbstverständlich und objektiv. Kaum diskutiert wird dabei, dass diese Praxis tief in spezifischen Wahrnehmungs- und Machtstrukturen verankert ist, die bis heute die westliche Künstler*in-Modell-Beziehung prägen.
Die Übung DISPOSITION AKT verbindet Aktzeichnen mit gemeinsamer Lektüre und Diskussion, um eine langfristige kollektive Auseinandersetzung zu ermöglichen. Ziel ist es, diesen reflexiven Zustand während des Zeichnens aufrechtzuerhalten. Wichtig ist dabei, dass auch die als Modelle arbeitenden Personen – sofern sie Interesse haben – aktiv an den Gesprächen teilnehmen und ihre Perspektiven oder ihr Feedback einbringen können. Um die starren Grenzen des Lehrformats zu hinterfragen, werden Versuchsaufbauten entwickelt, bei denen die Modelle aktiv gestaltend in den Prozess eingreifen können. Zudem experimentieren die Gruppen z. B. mit Requisiten, Verhüllung, Lichtregie, dem Zeichnen aus der Erinnerung, usw.
Die zum Open House umgesetzte Ausstellung zeigte Aktzeichnungen von Studierenden aus allen Semestern clusterweise an einen Plakatreigen angegliedert, der das Themenspektrum der letzten Jahre reflektiert und einen Einblick in die Lektüre gibt, die die Studierenden auf diesem Weg begleitet hat.