Verleihung der Ehrenprofessur an Maria Kalesnikava

18.10.2022
Presseaussendung

Seit Anfang des Jahres stellt das Projekt „Practicing Care“ mit einer Vielzahl an Aktivitäten die transnationale gesellschaftliche Verantwortung einer Kunstuniversität in den Mittelpunkt. Exemplarisch für diese Aktivitäten steht die Verleihung einer Ehrenprofessur des Senats der Universität Mozarteum an die belarussische Flötistin, Pädagogin und Bürgerrechtlerin Maria Kalesnikava, die in ihrem Heimatland zu 11 Jahren Strafkolonie verurteilt wurde. Am Programm des Festaktes am 30. Oktober 2022 werden u.a. Dorothee Oberlinger und Olga Shparaga gestaltend teilnehmen.

Die 1982 in Minsk geborene Maria Kalesnikava studierte Flöte und Dirigieren an der Staatlichen Musikakademie in Minsk sowie Alte und Zeitgenössische Musik an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart. Sie war in verschiedenen Ensembles aktiv, unterrichtete in Belarus und Deutschland, arbeitete an zahlreichen transnationalen Musikprojekten und wurde 2019 künstlerische Leiterin des Kulturzentrums „OK-16“ in Minsk. Nach der Verhaftung des Oppositionspolitikers Wiktar Babaryka trat sie im Präsidentschaftswahlkampf 2020 in Belarus an dessen Stelle an. Nach der Wahl, die das autoritäre Regime Lukaschenkos bestätigte, die aber international und von großen Teilen der belarussischen Gesellschaft als Scheinwahl bewertet wird, setzte sich Kalesnikava als Leitfigur der belarussischen Opposition weiterhin unter anderem für freie Wahlen und Frauenrechte in Belarus ein. Im September 2020 wurde sie festgenommen, verschleppt und ein Jahr später zu 11 Jahren Strafkolonie verurteilt.

In Anerkennung ihres Handelns und Einsatzes für gesellschaftliche Freiheit und demokratische Grundwerte verleiht die Universität Mozarteum im Rahmen des langfristig angelegten Projekts „Practicing Care – Fürsorgenetzwerk einer Kunstuniversität“ Maria Kalesnikava eine Ehrenprofessur, die für zahlreiche Aktivitäten im Rahmen des Gesamtprojekts Pate stehen und ein starkes Zeichen setzen soll. Der entsprechende Beschluss durch den Senat erfolgte bereits am 11. März 2022, der Festakt anlässlich der Verleihung wird am 30. Oktober von Rektorin Elisabeth Gutjahr eröffnet. Als Gäste sind unter anderen die Aktivistin Maryna Yurevich und die Peotin Julia Cimafiejeva. Die renommierte Blockflötistin und Professorin an der Universität Mozarteum Dorothee Oberlinger gestaltet das musikalische Rahmenprogramm gemeinsam mit den Studierenden Wen-Chen Wei, Julia Ziegler, Lucas Biegel, Matija Kovac und Werken von Johann Sebastian Bach, Georg Philipp Telemann und Alastair Penman.

Als Rednerin konnte die Philosophin und Aktivistin Olga Shparaga gewonnen werden. In ihrem 2021 erschienenen Buch „Die Revolution hat ein weibliches Gesicht: Der Fall Belarus“ (Suhrkamp) beschreibt und reflektiert sie die revolutionären Ereignisse in Belarus 2020. Sie ist Mitglied der feministischen Gruppe des Koordinationsrats, des politischen Organs der belarussischen Opposition gegen den Diktator Alexander Lukaschenko.

Im Rahmen von „Practicing Care“ erfolgten im Laufe des Jahres bereits mehrere Einladungen und Begegnungen mit aktivistischen Künstler*innen, um gemeinsam gesellschaftspolitisch wie künstlerisch relevante Projekte und Netzwerke zu fördern und zu stärken. „Practicing Care“ steht dabei im Zeichen einer Politik des Für(einander)Sorgens, die auf einem auf Augenhöhe stattfindenden Austausch von Wissen und Erfahrung basiert. Nach der Auftaktveranstaltung im Juni 2022, der Vergabe von inzwischen drei Künstler*innen-Residenzen, Workshops, Filmpräsentation im Theater im KunstQuartier und im DasKino sowie einem Konzert und Music Talk mit dem belarussischen Singer/Songwriter Lavon Volski arbeiten derzeit die beiden Theatermacher*innen, Aktivist*innen und Protagonist*innen des Films „Courage“ Maryna Yakubovich und Pavle Haradnizky an der Universität Mozarteum gemeinsam mit Studierenden aus Österreich und der Ukraine an einem experimentellen, mehrsprachigen Theaterprojekt, das sich mit der Thematik „Heimat“ auseinandersetzt.

Zum Programm

 

 

 

 

Maria Kalesnikava lebt uns in beeindruckender Weise vor, wie eine künstlerische Persönlichkeit mit Mut und Entschiedenheit sich brutaler Gewalt entgegenstellen kann. ... Mit der Verleihung der Ehrenprofessur verneigen wir uns vor dieser Musikerin und Aktivistin.

— Rektorin Elisabeth Gutjahr