Ehrendoktorate für Dame Janet Ritterman und Michael Worton

21.11.2025
Auszeichnungen & Erfolge
Verleihung der Ehrendoktorwürde an Dame Janet Ritterman und Michael Worton | © Michael Klimt

Im festlichen Rahmen des Closing Dinners des AEC-Kongresses, der Vertreter*innen von über 120 europäischen und internationalen Musikuniversitäten in Salzburg versammelte, verlieh die Universität Mozarteum am 8. November 2025 im Carabinierisaal der Residenz Salzburg die Ehrendoktorwürde an Dame Janet Ritterman und Professor Michael Worton. Es ist erst das zweite Mal in der Geschichte der Universität, dass diese hohe Auszeichnung vergeben wurde – nach dem Ehrendoktorat für Nikolaus Harnoncourt 2008 nun also an zwei Persönlichkeiten, die das Forschungsprofil des Mozarteums maßgeblich geprägt haben.

Foto v.l.n.r.
Maria Herz, Michael Worton, Elisabeth Gutjahr, Dame Janet Ritterman, Eugen Banauch, Christoph Lepschy

Herausragende Persönlichkeiten mit europäischer Strahlkraft

Mit dieser Ehrung würdigt der Senat unter dem Vorsitz von Univ.-Prof. Christoph Lepschy zwei Personen, die seit Jahren auf internationaler Ebene Maßstäbe setzen: Dame Janet Ritterman, DBE hat sich von einer Pianistin und Kammermusikerin, die sich von Anfang an der Lehre und Forschung verpflichtet wusste, zur visionären Architektin moderner künstlerischer Hochschulbildung entwickelt. Ihr Werdegang – vom Studium am Sydney Conservatorium über postgraduale Studien in London bis zur Lehrtätigkeit an der Middlesex Polytechnic (ab 1975), wo sie maßgeblich am Aufbau des ersten britischen BA in Performing Arts mitwirkte – ist Synthese aus künstlerischer Praxis, pädagogischem Denken und institutioneller Weiterentwicklung. Von 1991 bis 1993 wirkte sie als Principal des Dartington College of Arts, ehe sie 1993 als erste weibliche Direktorin an die Spitze des Royal College of Music London kam – ein Amt, das sie bis 2005 innehatte und das sie nutzte, um das College entscheidend zu internationalisieren und sein künstlerisch-wissenschaftliches Profil zu transformieren. 2002 wurde sie für ihre Verdienste um die Musik zur Dame Commander of the British Empire ernannt. Als Gründungsmitglied des Österreichischen Wissenschaftsrats und erste Vorsitzende des internationalen FWF-PEEK-Boards hat sie auch hier die Forschungslandschaft dauerhaft geprägt; 2016 wurde ihr das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse verliehen. Ihre Fähigkeit, künstlerische Exzellenz mit akademischer Präzision und menschlicher Offenheit zu verbinden, zeichnet ihre Arbeit für das Mozarteum aus.

Professor Michael Worton, CBE, Professor Emeritus des University College London, ist eine Ausnahmeerscheinung der Geisteswissenschaften: Als renommierter Literaturwissenschaftler der französischen Sprache und Literatur hat er sich von der University of Edinburgh über Liverpool nach London bewegt und dabei ein wissenschaftliches Œuvre geschaffen, das von den Werken André Gides und Roland Barthes bis hin zur Intertextualitätstheorie, Gender Studies und visuellen Kultur reicht. Seine wissenschaftliche Laufbahn – vom Professor für französische Literatur bis zum Vice-Provost der UCL – ist geprägt von einem zutiefst literarischen und interdisziplinär orientierten Denken. Worton war federführend am Aufbau des UK Arts and Humanities Research Council beteiligt und verantwortete an der UCL neben der Gründung internationaler Campusstandorte auch eine Vision interdisziplinärer Hochschulbildung. Für seine Verdienste wurde er 2014 zum Commander of the Order of the British Empire ernannt. Mit biographischen Wurzeln in Zambia und Schottland und einer Karriere an der Schnittstelle zwischen französischer Literaturwissenschaft, Kulturwissenschaften und Hochschulpolitik bringt er die Gabe mit, künstlerisch-wissenschaftliche Forschung in ihrer ganzen epistemologischen Vielfalt zu erfassen und dabei die Grenzen zwischen Disziplinen nicht als Hindernisse, sondern als produktive Schnittstellen zu verstehen – eine Kompetenz, die ihn zum idealen Juroren für eine Musik- und Kunstuniversität macht.

Beide sind seit 2019 als Jury der Research Competition Mozarteum für den außergewöhnlichen Aufschwung, den die Forschung hier genommen hat, mitverantwortlich.

Forschung als Ensemblewerk

In der Laudatio für die beiden wurde vor allem ihr Verständnis von Forschungskultur gewürdigt, das weit über fachliche Exzellenz hinausgeht und mit der musikalischen Metapher der „Fermate“ – jene Pause in der Musik, in der „die Zeit den Atem anhält“ – ein Bild für ein neues Verständnis von künstlerischer und wissenschaftlicher Gemeinschaft herausgearbeitet, für das Worton und Ritterman exemplarisch stehen: ein bewusster Moment der konzentrierten Aufmerksamkeit, in dem Exzellenz und menschliche Großzügigkeit nicht als konkurrierende, sondern als sich gegenseitig verstärkende Kräfte verstanden werden. “The highest calling isn't to be the solo voice. It's to be part of the ensemble. To listen as much as we speak. To support as much as we lead.”

Dieses Ensemble-Denken wird am Mozarteum von Ritterman und Worton in besonderer Weise vorgelebt. Forschungsexzellenz und akademisches Wohlbefinden sind hierbei nicht getrennte Anliegen, sondern ineinander verwobene Dimensionen einer gelebten Kultur der gegenseitigen Förderung und Achtsamkeit.

Wertvolle Impulse für die Mozarteum-Community

In den letzten Jahren haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Research Competition Mozarteum maßgeblich von der Expertise beider profitiert – von ihrer intellektuellen Großzügigkeit und ihrer Bereitschaft, Nachwuchsforschende wertschätzend und kritisch zugleich zu begleiten. Für viele bedeutete die Begegnung mit ihnen einen entscheidenden Entwicklungsschritt: Die individuellen Jury-Feedbacks von Ritterman und Worton stärken nicht nur konkrete Forschungsvorhaben, sondern fördern eine Haltung der reflektierten Neugier. Ritterman zeigt dabei jene Klarheit der Vision, die fast architektonisch präzise wirkt, ein, während Worton – mit seiner Fähigkeit, unterschiedlichste künstlerische und wissenschaftliche Ansätze zu vernetzen – neue Blickwinkel und Verbindungen in die Diskussionsprozesse einbringt.

Dame Janet Ritterman brachte in ihren Dankesworten ihre Verbundenheit mit dem Mozarteum eindringlich zum Ausdruck: "For me it feels a great honour and a real privilege to be recognised in this way by an institution which I have known and admired for many years and which I have watched with delight going from strength to strength."

Professor Michael Worton hob in seiner Rede vor allem die thematische Vielfalt der Forschung am Mozarteum hervor: “What I find particularly impressive is the number of proposals that we are now seeing that are fundamental or discovery research. A few examples: the exploration of the nexus of textile and sound – the development of a praxis and an ethics of bioart living works of art created through biotechnical manipulation – an analysis of eco-criticism and eco-memory through graphic narratives comics – a radical rethinking of the power and place of museums and archives – the development of an aesthetics of incompetence."

Success Stories

Die positive Wirkung der Research Competition Mozarteum und das konstruktive Feedback von Ritterman und Worton zeigen sich eindrucksvoll in mehreren Projekten, die nach ihrer Jury-Teilnahme erfolgreich Drittmittel beim FWF einwerben konnten.

Ein herausragendes Beispiel ist das PEEK-Projekt „Nexus of Textile and Sound“ von Gertrud Fischbacher (Department für Bildende Künste & Gestaltung) in Kooperation mit Marius Schebella (FH Salzburg). Fischbacher und Schebella waren die ersten Gewinner der Research Competition Mozarteum 2019. Das Projekt erforscht die Verbindung von textilen Materialien und Klang und nutzt dabei smarte Textilien als Interfaces in Mode, Architektur oder Installation. Nach intensiver Weiterentwicklung mit Unterstützung der RCM-Jury wurde das Projekt beim wichtigsten Förderungsprogramm für Artistic Research in Österreich erfolgreich eingereicht – eine Premiere sowohl für die FH Salzburg als auch für das Mozarteum.

Ein weiteres Beispiel ist das FWF-Einzelprojekt „Ästhetisches Urteilen in Gemeinschaft" (Joint Aesthetic Judgments) von Iris Laner, Professorin für Bildende Kunst und Bildnerische Erziehung am Mozarteum. Das Projekt, das mit 485.430 Euro gefördert wird, widmet sich der Rolle der Gemeinschaft in der ästhetischen Urteilsbildung. Es untersucht, wie ästhetische Subjektwerdung in kollektiven Prozessen eingebettet ist – ein Forschungsthema, in dem der angesprochene Ensemble-Gedanken resoniert. Auch dieses Vorhaben profitierte von der RCM und dem konstruktiven Feedback der Jury.

Diese Erfolgsgeschichten verdeutlichen, wie die Research Competition Mozarteum als Katalysator wirkt: Sie ermöglicht es Forschenden, ihre Ideen zu schärfen, weiterzuentwickeln und schließlich auf höchstem internationalem Niveau zu realisieren. Worton zum unique selling point des Mozarteums: "Research is not a systematic occupation but an intuitive artistic vocation. Perhaps this is why the Mozarteum is producing so much excellent and pioneering research …"

In der Tradition großer Persönlichkeiten

Genau wie Nikolaus Harnoncourt, dessen Ehrendoktorat 2008 als „respektvolle Verbeugung vor dem musikalischen Gewissen Österreichs“ bezeichnet wurde und dessen Wirken stets von der Weitergabe des eigenen Wissens und der Offenheit für neue Perspektiven geprägt war, stehen Ritterman und Worton heute als Beispiele, wie künstlerische Exzellenz, wissenschaftliche Tiefe und persönliche Integrität ineinandergreifen können.

Fazit: Ein starkes Signal aus Salzburg

Die Universität Mozarteum macht mit dieser Ehrung sichtbar, dass exzellente Forschung, Vielfalt und gelebter Dialog untrennbar verbunden sind – und dass die Zukunft des gesamten Forschungsstandorts Salzburg in der Kraft des kollegialen Miteinanders liegt. Sie verleiht diese seltene Auszeichnung nicht nur für individuelle Spitzenleistungen, sondern für ein gelebtes Prinzip des „Ensembles“: Wissen teilen, zuhören, unterstützen und führen – Werte, die die europäische künstlerische und wissenschaftliche Gemeinschaft heute mehr denn je prägen sollen.

Mit Janet Ritterman und Michael Worton bleibt die Universität Mozarteum ein Ort, an dem exzellente Forschung, Menschlichkeit und internationaler Austausch im Zentrum stehen – und Lust auf Zukunft machen.