Zwischen Wissenschaft, Meinung und Manipulation

16.05.2025
News
Salzburger Hochschulen - Entwicklungsimpulse: Die Konstruktion von Wahrheit | © Michael Klimt

Am 14. Mai fand im Kleinen Studio der Universität Mozarteum die bereits 4. Ausgabe der Salzburger Hochschulen – Entwicklungsimpulse statt. Ein Abend, der sich unter dem Titel Die Konstruktion von Wahrheit brandaktuellen Fragen rund um die rasante technologische Entwicklung in Zusammenhang mit KI, die uns als Gesellschaft und (Bildungs-)Institutionen fordert, widmete: Wie schützen wir unser Wissen, welchen Institutionen und welchen Fakten können wir noch (ver-)trauen und wie schaffen wir es, Wahrheit von Unwahrheit zu unterscheiden? 

Kontakt
irmgard.reiner@moz.ac.at

Eine Kooperationsveranstaltung der Personalentwickler*innen aller Salzburger Hochschulen mit dem Forschungsmanagement der Universität Mozarteum.

Im Bild v.l.n.r.:
Julia Schwarzacher, Claudia Lehmann, David Lanius, Doris Fuschlberger, Bernhard Rausch, Daniela Schuster, Clemens Havas

Es wäre nicht schwer, eine Podiumsdiskussion über Wahrheit, Wissenschaft in Zusammenhang mit KI zu erstellen – ein Deepfake mit internationalen Panelist*innen, die täuschend echt miteinander diskutieren. Vermutlich wäre diese fiktive Diskussion sogar stimmig, interessant zu lesen und glaubwürdig in der visuellen Darstellung. Die Panelist*innen würden zu ihrem Fachbereich passende Argumente liefern – insgesamt vermutlich eine funktionierende Diskussion zu einem Thema wie „Die Konstruktion der Wahrheit“. Warum überhaupt noch reale Vorträge und Podiumsdiskussionen vor Ort veranstalten?

Doris Fuschlberger (Amt der Salzburger Landesregierung), die auch dieses Mal als Moderatorin in der vierten Veranstaltung der Salzburger Hochschulen - Entwicklungsimpulse durch den Abend führte, bemerkte zu Beginn: Der volle Saal in der Universität Mozarteum und das große Interesse zeigen, dass das Thema relevant und hochaktuell ist. 

Eine Kunstuniversität ist ein besonderer Ort der Wahrheit, so Rektorin Elisabeth Gutjahr in ihren einleitenden Gedanken. Welche Wahrheit steckt z.B. hinter einer Partitur? Welches (Fach-)Wissen nutzen wir und was bedeutet emotionale Wahrheit?  Wie kann kritische Reflexion vermittelt werden? U.a. Bewusstsein geschaffen werden, dass „Wahrheit“ sich ändert. Was heute wahr ist, kann in 50 Jahren nicht mehr als wahr verstanden werden. Den Studierenden Orientierung in der Nutzung und im Umgang mit Medien zu geben – kritische Reflexion und Visual Literacy -, sei essentielle Aufgabe einer Hochschule, ergänzt Dominik Engel.  

Die beiden dichten Impulsvorträge von Julia Schwarzacher und Clemens Havas, beide Lehrende FH Salzburg, zeigten, wie im praktischen Arbeiten mit und über KI Studierende sensibilisiert werden und im Tun lernen, kritisch mit Medien social media umzugehen.  Fake News, Deep Fake – Un-Wahrheiten sind nur deshalb so schwer zu erkennen, da mit menschlichen Verhaltensmustern wie kognitiven Verzerrungen, Verfügbarkeitsheuristik und confirmation bias gezielt gespielt wird. Clemens Havas gab Einblicke in das unter seiner Leitung entstandene und ausgezeichnete Studierenden-Projekt TGuard – ein Tool zur Bekämpfung von Desinformation im Netz.  

Der inhaltliche Bogen der anschließenden Diskussion der Panelist*innen, Expert*innen aus verschiedenen Fachbereichen an den Salzburger Hochschulen, ergänzt durch die Expertise von Landespolizeidirektor Bernhard Rausch, wurde weit gespannt: von Vertrauen in Institutionen, confirmation bias, Evidenz-basiertem Wissen zu Narration und Fiktion, Schutzmechanismen, Visual Literacy als die Fähigkeit im Umgang mit Medien, Grenzen der menschlichen Vorstellungsfähigkeit – Quantenphysik, EU Digital Services Act, social bots, sozialen Dynamiken, Schrödingers Katze, politischer Manipulation, Katzenvideos, deep fake, Moral, Ethik und bis zum Wahrheitsbegriff.

Ein Blick auf die Uhr: eine Stunde fünf zum Schreiben dieser Nachlese – dieses Mal ohne ChatGPT, Claude oder ein vergleichbares KI-Tool unterstützend heranzuziehen. Sehr, sehr lang im Vergleich zu den „digitalen Autoren“. Aber, ist es nicht gerade das Zuhören bei der Diskussion vor Ort, das Nachdenken, im Anschluss den Abend Revue passieren zu lassen, auch das in Worte fassen, was Veranstaltungen wie diese aus- und wahr(-haftig) machen? Sind es nicht Begegnungen, Interaktionen und Auseinandersetzung mit Menschen, die Wahrheit begreifbar machen, uns in einem Beziehungsgefüge verorten und Orientierung geben? 

(Eine Idee für all jene, die an der Veranstaltung nicht teilnehmen konnten: ein paar fett markierte Begriffe je nach Vorlieben (confirmation bias!) herauskopieren und von einem KI-Tool wie ChatGPT eine Podiumsdiskussion erstellen lassen.)

Vielen Dank an unser großartiges Podium für ihre wertvollen Beiträge (in alphabetischer Reihenfolge): 
Doris Fuschlberger (Amt der Salzburger Landesregierung)
Clemens Havas (Fachhochschule Salzburg)
David Lanius (Universität Salzburg)
Claudia Lehmann (Universität Mozarteum Salzburg)
Bernhard Rausch (Landespolizeidirektion Salzburg)
Daniela Schuster (Paracelsus Medizinische Privatuniversität) 
Julia Schwarzacher (Fachhochschule Salzburg)


(16.5.2025 Maria Herz)