Da Maria Kalesnikava ihre Ehrenprofessur derzeit aufgrund ihrer Inhaftierung nicht antreten kann, wird „Practicing Care“ u.a. in Form von Einladungen an und Begegnungen mit aktivistischen Künstlerinnen und Künstlern realisiert, die sich auf besondere Weise gesellschaftlich engagieren und sich für demokratische Grundwerte einsetzen, zu denen die Freiheit der Kunst unabdingbar gehört. Im Rahmen von Konzerten, Theaterabenden, Lesungen, Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Performances und Filmvorführungen unterstützt „Practicing Care“ Künstler und Künstlerinnen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die ermutigen und auch Wege aufzeigen, um für demokratische Überzeugungen einzustehen. Die Universität Mozarteum unterstützt sie dabei, jene Plattformen weiterzuentwickeln und nutzen zu können, die derzeit akut gefährdet sind – vom Krieg in der Ukraine und von den repressiven und autoritären Systemen in Belarus, Russland und anderen Ländern.
Am 24. Juni 2022 um 20 Uhr wird im Rahmen einer Filmvorführung im Theater im KunstQuartier des Thomas Bernhard Instituts ein erstes konkretes Zeichen gesetzt. Gezeigt wird der Dokumentarfilm „Courage“ des belarussischen Regisseurs Aliaksei Paluyan: Im Zuge der Präsidentschaftswahlen in Belarus im Sommer 2020 geraten eine Schauspielerin und zwei Schauspieler eines Underground-Theaters in Minsk in den Sog der Massenproteste. Es zieht sie auf die Straßen von Minsk, um lautstark für Meinungsfreiheit und den lang ersehnten Machtwechsel zu protestieren. Doch die Stimme des Volkes wird vom Sicherheitsapparat des Regimes brutal zerschlagen. Mitglieder der Theatergruppe und viele andere Personen werden festgenommen. Das Land steht am Rande eines Bürgerkriegs. „Courage“ begleitet den mutigen und friedlichen Widerstand von Maryna, Pavel und Denis vor und während der Proteste. Der Film wirft einen sehr persönlichen Blick auf die Ereignisse und gibt einen packenden Einblick in das Leben der Menschen im heutigen Belarus, die für ihre Freiheit und das Recht auf Demokratie kämpfen. Im Anschluss an die Filmvorführung findet ein Gespräch mit Regisseur Aliaksei Paluyan sowie Maryna Yakubovich und Pavel Haradnizky statt, die am 25. und 26. Juni außerdem einen Workshop für Studierende der Universität Mozarteum halten.
Mit einem Artist-in-Residence-Programm, das offen für alle Kunstsparten ein- bis sechsmonatige Aufenthalte mit einer monatlichen, finanziellen Unterstützung sowie einem vollumfänglichen Reisekostenstipendium anbietet, verschafft die Universität Mozarteum Künstlerinnen und Künstlern zudem Zeit, Raum und Ressourcen, um ihre Arbeit und Forschung voranzutreiben und sich mit anderen auszutauschen. Bis 2024 stehen insgesamt 60.000 Euro für Residencies zur Verfügung. Eine erste Artist-in-Residence wird in Kürze der belarussische Musiker und Schriftsteller Ljawon Wolski antreten, der im Rahmen eines zweiwöchigen Workshops gemeinsam mit Studierenden der Universität Mozarteum die Geschichte und Kultur des Protestlieds erarbeiten wird.
Mit all seinen Aktivitäten verschreibt sich „Practicing Care“ einem Handeln im Zeichen einer Politik des Für(einander)Sorgens, die auf einem auf Augenhöhe stattfindenden Austausch von Wissen und Erfahrung basiert. Ein Sinnbild für diese Grundhaltung ist wohl die Erwiderung Maria Kalesnikavas im Rahmen der belarussischen revolution-in-progress, die sie im Sommer 2020 an eine Reihe schwer bewaffneter Polizisten der OMON-Spezialeinheit richtete: „Jungs, passt auf euch auf, wir retten euch, wir sind mit euch bis zum Ende.“
Filmvorführung zum Auftakt von „Practicing Care“:
- „Courage“ von Aliaksei Paluyan
- Freitag 24. Juni um 20 Uhr, Theater im KunstQuartier
- Im Anschluss: Podiumsgespräch mit Regisseur Aliaksei Paluyan, Maryna Yakubovich und Pavel Haradnizky